CORPORATE FINANCE
Der Anschlag auf den BVB-Bus und die Börse

Der Anschlag auf den BVB-Bus und die Börse

Prof. Dr. Klaus Röder

Prof. Dr. Klaus Röder
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Vor der Abfahrt zum Champions League Viertelfinal-Hinspiel gegen den AS Monaco wurde der Mannschaftsbus von Borussia Dortmund (BVB) am 11.04.2017 von drei Sprengladungen getroffen. Laut aktuellen Ermittlungen hatte der mutmaßliche Täter das Ziel, den Aktienkurs des BVB damit zu manipulieren, um sich selbst dadurch zu bereichern. Diese verabscheuungswürdige Tat ist wohl der erste mit Börsenspekulation verbundene Anschlag auf einen Fußballverein. Ich nehme dies dennoch zum Anlass, um die börsenbezogene Vorgehensweise des mutmaßlichen Täters zu analysieren.

Der Presse ist zu entnehmen, dass der Täter über die comdirekt bank Verkauf-Optionsscheine (put) auf die BVB-Aktie erworben hat. Diese Optionsscheine berechtigen zum Verkauf der Borussia Dortmund Aktie zum Basispreis. Je niedriger der Kurs der BVB-Aktie zum Fälligkeitstermin notiert, desto größer fällt der Gewinn des Käufers aus. Die einzigen handelbaren Optionsscheine wurden von der DZ Bank begeben. Die Handelsaktivitäten des Täters lassen sich über öffentlich verfügbare Kurszeitreihen der Optionsscheine nachvollziehen.

Die DZ Bank listet insgesamt 23 Put-Optionsscheine auf. Von diesen weisen im Zeitraum 04.04.2017 bis 21.04.2017 nur sieben überhaupt eine Handelsaktivität auf. Ein detaillierter Blick in die intraday Handelsstatistiken zeigt, dass der Täter in diesem Zeitraum wohl als einziger mit den Put-Optionsscheinen gehandelt hat. Der mutmaßliche Täter erwarb die meisten der insgesamt 96.000 Optionsscheine im Laufe des Vormittags des 11.04.2017. Der Verkauf der meisten Positionen erfolgte am 12.04.2017 gegen 17:00Uhr.

Der mutmaßliche Täter konzentrierte seine Handelsaktivität auf Optionsscheine, die einen hohen Hebel aufweisen und damit die potentiell höchsten Gewinne versprechen. Gleichzeitig ist die Wahrscheinlichkeit gering, unter normalen Umständen mit diesen Optionsscheinen einen Gewinn zu erzielen. Die BVB-Aktie muss dazu massiv an Wert verlieren. Dies erklärt auch, warum keine Umsätze mit diesen Optionsscheinen in den Wochen vor der Woche des Anschlags zu beobachten waren. Der Kapitaleinsatz des Täters betrug wohl insgesamt maximal 8.858 €. Das entspricht dem Handelsvolumen der Optionsscheine in den Tagen bis zum Anschlag. Nach der Glattstellung der Positionen am 12.04.2017 erzielte der mutmaßliche Täter durch sein Handeln bisher einen Verlust vor Transaktionskosten von -174,77 €. Ich hoffe, dass dieses Beispiel weitere potentielle Täter von solchen Taten abhält. Weiterhin zeigt es auch, dass man bereits bei Beträgen unter 10.000 € sich des Verdachts der Geldwäsche aussetzen kann.

Wie ist dieser Verlust zu erklären? Einerseits ist der Anschlag glücklicherweise fast vollständig missglückt. Andererseits ist die BVB Aktie nicht sehr liquide. Deshalb ist auch der Handel mit den Optionsscheinen durch hohe Geld-Briefspannen gekennzeichnet. Die vom mutmaßlichen Täter erworbenen Optionen stehen zudem für 62% des Handelsvolumens der BVB-Aktie auf XETRA am 11.04.2017. Bei einem Optionsschein führte der Erwerb von 15.000 Verkaufsoptionen z.B. zu einem Preisanstieg von 2.000%. (von 0,002 € auf 0,043 €). Nach der Transaktion fällt der Kurs des Scheins wieder um 30% auf 0,03€.

Wie hoch wäre nun der maximal mögliche Gewinn aus den Handelsaktivitäten ausgefallen? Im Extremfall wäre der Kurs der BVB-Aktie auf – zugegeben unrealistische – 0 € gefallen. Dann hätte der Käufer des Optionsscheins den Basispreis als Zahlungseingang erwirtschaftet. Bei den betrachteten Optionsscheinen ergibt sich ein Ertrag i.H.v. 333.600 € abzüglich 8.858 € Kapitaleinsatz. Der maximale Gewinn hätte also 324.742 € betragen. Bei einem Kapitaleinsatz von 8.858 € ergibt das eine maximale Rendite von 3.666%.

Übrigens wäre die Borussia Dortmund Aktie auch als legales Investment nicht sehr erfolgreich gewesen. Wer 100 € zum Börsengang am 30.10.2000 in die Borussia Dortmund Aktie investiert hätte, alle Dividenden reinvestiert hätte und weder Transaktionskosten noch Steuern bezahlen würde, hätte heute (Stand: 30.04.2017) nur noch ein Vermögen von 62,69 €.

Hätten Sie 100 € in das DAX-Portfolio investiert, würden Sie heute über 180 € verfügen. Sollten Sie aber die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den USA befolgt haben und auf kleine Aktien gesetzt haben, wäre Ihre Performance besser gewesen. Eine Investition in den SDAX hätte 323 € erbracht. Noch besser wäre die Investition in den MDAX gewesen. Hier hätten Sie Ihr Vermögen auf 500 € gesteigert. Dies entspricht einer jährlichen Rendite von 10% und steht übrigens im Einklang mit aktuellen Forschungsergebnissen zum deutschen Aktienmarkt, die Sie auch in dieser Zeitschrift regelmäßig nachlesen können. Der Erfolg des „German Mittelstand“ spiegelt sich im Kursverlauf des MDAX wider. Mittelgroße deutsche Aktien sind relativ gesehen in den letzten Jahren das erfolgreichste Investment auf dem deutschen Aktienmarkt gewesen.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles und ertragreiches Lesen der aktuellen Ausgabe von CORPORATE FINANCE!

Ihr Klaus Röder

Redaktioneller Hinweis

Die ausführliche Version des Gastkommentars finden Sie online unter CF1237893.